Wie gesund ist vegan? Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) bewertet neu

„Kann das denn gesund sein?! Fehlt da nichts?!“ Wer vegan isst oder vegan lebende Menschen im persönlichen Umfeld hat, wird diese Fragen mehr als einmal gehört haben. Denn die Vorurteile gegenüber einer rein pflanzlichen Ernährung sind nach wie vor allgegenwärtig – und gründen größtenteils auf Missinformationen oder dem Unwillen, sich überhaupt zu diesem Thema zu belesen. Umso spannender ist es, dass die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), welche unabhängig und wissenschaftlich agiert, das Thema vegane Ernährung neu bewertet hat. Sie ist dabei zu folgendem Entschluss gekommen:

„Für die gesunde erwachsene Allgemeinbevölkerung kann neben anderen Ernährungsweisen auch eine vegane Ernährung, unter der Voraussetzung der Einnahme eines Vitamin-B12-Präparats, einer ausgewogenen, gut geplanten Lebensmittelauswahl sowie einer bedarfsdeckenden Zufuhr der potenziell kritischen Nährstoffe (ggf. auch durch weitere Nährstoffpräparate), eine gesundheitsfördernde Ernährung darstellen.“

Was genau dieses Zitat der DGE konkret im Alltag bedeutet, welche Nährstoffe außer Vitamin B12 noch Erwähnung finden und warum diese (nicht nur!) für Veganerinnen und Veganer so wichtig sind, lesen Sie hier.

Die DGE rät: Diese Nahrungsergänzungen sollten bei einer veganen Ernährung nicht fehlen

Um gesundheitsfördernd vegan leben zu können, gibt die DGE konkrete Handlungsempfehlungen. Dabei stehen zwei Nährstoffe im Fokus: Vitamin B12 und Jod. Vitamin B12 ist nur in tierischen Produkten sowie biotechnologisch veränderten Algen zu finden. Es sollte also bei einer rein veganen Ernährungsweise unbedingt supplementiert werden, um Mangelerscheinungen vorzubeugen. Ebenso Jod, welches in Deutschland generell zur Mangelware gehört, bei einer veganen Ernährung aber umso mehr ins Gewicht fallen kann. Im Folgenden erklären wir, warum diese beiden Nährstoffe für den Körper besonders wichtig sind und warum nicht nur Veganerinnen und Veganer von einem potenziellen Mangel betroffen sind.Ein Teller mit Falafel wird über einen gedeckten Tisch gereicht.

Vitamin B12: Warum vegan lebende Menschen öfter von einem Mangel betroffen sind

Vitamin B12 ist für den menschlichen Organismus enorm wichtig. Es spielt eine bedeutende Rolle bei allen Stoffwechselvorgängen, die mit Zellteilung und Wachstum zu tun haben. Der menschliche Organismus benötigt Vitamin B12 außerdem für den Energiestoffwechsel und die Bildung roter Blutkörperchen. Es ist zudem an der Reifung und Regeneration von Nervenzellen sowie an der Synthese von Neurotransmittern beteiligt. Anders gesagt: Wir brauchen Vitamin B12 um wach und tatkräftig durch den Alltag zu kommen. Bei einem Mangel fühlen wir uns weder körperlich noch geistig gesund oder leistungsfähig.

Leider zählt ausgerechnet B12 zu den wenigen Vitaminen, die der menschliche Körper nicht selbst herstellen kann. Somit sind wir auf eine ausreichende Zufuhr durch die Nahrung angewiesen. Und genau hier wird es kompliziert: Denn selbst wenn wir über die Nahrung genügend B12 zu uns nehmen, bedeutet das nicht, dass unser Körper dieses optimal aufnehmen und verwerten kann. Das zeigt sich allein schon daran, dass auffällig viele Deutsche an einem B12-Mangel leiden – also nicht nur Veganerinnen und Veganer.

Die größte Menge an Vitamin B12 findet sich leider in tierischen Produkten: Dazu zählen Fleisch und Fisch, aber auch vegetarische Erzeugnisse wie Eier und Milchprodukte. Zwar enthalten auch einige vegane Lebensmittel das Vitamin B12 (z.B. Sauerkraut, fermentierte Sojaprodukte, Shiitake-Pilze sowie Wurzel- und Knollengemüse), allerdings reicht die Menge darin nicht aus, um den Bedarf an B12 vollständig abzudecken. Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt daher bei einer veganen Ernährung explizit die Einnahme eines Vitamin-B12-Präparats.

Ein bunter Gemüseauflauf wartet darauf, in den Ofen geschoben zu werden.

Vitamin B12-Mangel: Auch Fleischesser können darunter leiden

Ein Mangel an Vitamin B12 kann leider ernsthafte gesundheitliche Konsequenzen mit sich bringen und bedarf in jedem Fall ärztlicher Behandlung. Leider ist ein Mangel aufgrund der diffusen Symptome nicht leicht zu erkennen. Zu diesen gehören: Müdigkeit, Schwäche, Verwirrung, Nervenschäden, Depression und mehr.

Da B12 ausschließlich in tierischen Produkten in ausreichender Menge vorkommt, sollten vegan lebende Menschen daher pauschal auf Nahrungsergänzung setzen. Wer sich an dieser Stelle als Fleischesser auf der Siegerseite wähnt, wird leider enttäuscht werden: Jeder zehnte (!) Deutsche weist einen Vitamin-B12-Mangel auf, im Alter ist sogar jede vierte (!) Person betroffen. Die Gründe dafür sind vielfältig: So kann beispielsweise ein einfaches Darmleiden dazu führen, dass der Körper das B12 nicht richtig verwerten kann. Auch andere Krankheiten oder die Einnahme von Medikamenten können sich negativ auf die Verwertung von Nährstoffen auswirken. Senioren sind generell häufig von Nährstoffmangel betroffen, allein schon, weil sie in der Regel sehr kleine Portionen essen und dadurch bei vielen Nährstoffen ihren Tagesbedarf nicht decken können.

Sollten Sie zu einer der Risikogruppen gehören oder sich nicht sicher sein, ob Ihr Nährplan genügend Vitamin B12 beinhaltet, holen Sie sich ärztlichen Rat ein, vor allem wenn sie auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen sind.

Jodmangel: Ein deutsches Problem, das vegan lebende Menschen umso härter trifft

Nebst Vitamin B12, bewertet die DGE auch Jod als potenziell kritisch bei einer veganen Ernährung. Jod ist, ebenso wie Eisen oder Zink, ein essentielles Spurenelement. Das bedeutet, dass der menschliche Körper es nicht selbst herstellen kann und auf eine ausreichende Zufuhr über die Nahrung angewiesen ist. Jod hat im menschlichen Körper viele Aufgaben und trägt u.a. zu einer normalen kognitiven Funktion bei und hat maßgeblichen Einfluss auf die Schilddrüse und den Stoffwechsel.

Eigentlich kommt Jod in vielen veganen Lebensmitteln vor, denn es ist im Idealfall in Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten, Nüssen und Saaten enthalten. Doch leider sind deutsche Böden generell sehr jodarm – somit auch die Produkte, die darauf wachsen. Damit die deutsche Bevölkerung nicht kollektiv einen Jodmangel aufweist, werden heutzutage viele Produkte pauschal mit Jod angereichert. Das gängigste Beispiel ist wohl Jodsalz. Doch auch in verarbeiteten tierischen Produkten sowie ungesunden Fertigprodukten ist es supplementiert.

Viele vegan lebende Menschen ernähren sich sehr bewusst und verzichten daher auf Unmengen Salz und Fertigprodukte. Beides ist sehr löblich, denn Unmengen Salz und Fertigprodukte haben in Sachen Gesundheit vermutlich noch nie ein positives Resultat erbracht. Allerdings sind Produkte wie vegane Milch in der Regel nicht mit Jod angereichert, ergo muss man sich bei einer veganen Ernährung noch etwas mehr mit dem Thema Jod auseinandersetzen.

Eine junge Frau steht am Meer, ihre langen, dunklen Haare wehen in alle Richtungen.

Jod aus Algen und Meer: Für vegan lebende Menschen umso wichtiger

Ob vegan oder omni, wer um die eigene Jodversorgung bangt, sollte den Blick von der versalzenen Tiefkühlpizza nehmen und ihn stattdessen aufs Meer richten – nicht nur, weil das generell schön ist, sondern weil sich dort die höchste Konzentration an Jod findet: So liefern beispielsweise Seefisch und Meeresfrüchte natürliches Jod, doch auch Meeresalgen sind überaus reich an diesem wertvollen Spurenelement. In Zeiten massiver Überfischung unserer Meere, haben Algen zudem den Vorteil, dass sie nicht nur besonders gesund, sondern auch ökologisch nachhaltig sind. In unseren Breitengraden finden Algen leider kulinarisch wenig statt. Anders ist das in der asiatischen oder russischen Küche, wo sie besonders gern als Algensalat gereicht werden. Auch das immer beliebtere Sushi (gibt es auch in vegan!) wird in Algen eingewickelt, ebenso werden Smoothies immer häufiger mit Algen versetzt. Allerdings ist hier der Jod-Gehalt sehr schwankend und könnte bei einigen Algenarten sogar zu einer Überdosierung führen. Daher sind Algen und Algenprodukte, bei denen der Jodgehalt nicht ausgewiesen ist, nicht zu empfehlen. Viele hochwertige Nahrungsergänzungen setzen daher auf Algen mit moderatem und dank konkreter Angaben stets nachvollziehbarem Jod-Gehalt. Auf der Webseite der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) heißt es:

„Die DGE rät Erwachsenen in ärztlicher Absprache täglich 100 µg Jod als Präparat einzunehmen, wenn nicht genügend jodhaltige Lebensmittel verzehrt werden.“ 

Die DGE über weitere "potenziell kritische Nährstoffe" bei einer veganen Ernährung

Weitere Handlungsempfehlungen der DGE beziehen sich auf eine vielseitige Lebensmittelauswahl und die Berücksichtigung weiterer (potenziell) kritischer Nährstoffe, welche vegan lebende Menschen besonders gut im Blick behalten sollten: langbettige Omega-3-Fettsäuren, Proteine, Vitamin D, Vitamin B2, Kalzium, Eisen, Zink und Selen. Im Allgemeinen also Nährstoffe, auf die jeder Mensch achten sollte, der sich etwas aus seiner Gesundheit macht. Weitere Angaben zu diesen Nährstoffen hat die DGE vorerst nicht genannt.

Eine Kinderhand greift nach Erdbeeren, die auf der Küchenablage stehen.

DGE und vegane Ernährung: Keine Angaben zu Kindern und anderen Risikogruppen

Die offizielle Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) beruft sich beim Thema vegane Ernährung explizit auf gesunde Erwachsene. Was die vegane Ernährung bei Kindern, Jugendlichen, Schwangeren, Stillenden sowie Seniorinnen und Senioren angeht, könne keine Aussage getroffen werden, da dafür die Datengrundlage fehle, so die DGE in einer Pressemitteilung. Bei diesen vulnerablen Bevölkerungsgruppen brauche es besonders fundierte Kenntnisse über Ernährung.

Vegan ist umweltfreundlich: DGE verweist auf ökologische Aspekte

Die DGE begrüßt außerdem den positiven Umweltaspekt einer pflanzlich basierten Ernährung:

„Eine vegane Ernährung ist äußerst umweltfreundlich und empfehlenswert, um Umweltbelastungen des Ernährungssystems zu verringern. Unter Berücksichtigung sowohl gesundheits- als auch umweltrelevanter Aspekte ist eine Ernährungsweise entsprechend den DGE-Empfehlungen mit einer deutlichen Reduktion tierischer Lebensmittel zu empfehlen.“

Ökobilanzierungen und Modellrechnungen zeigen, dass eine vegane Ernährungsweise im direkten Vergleich mit einer omnivoren (also einer „Alles-Esser“) Ernährungsweise deutlich umweltfreundlicher ist. Dafür sprechen nebst weniger Treibhausemissionen auch die Faktoren Landnutzung und Biodiversität, vor allem das Abholzen von (Regen-)wald für die Versorgung und Unterbringung von Nutztieren, die Unmengen an Wasser und Mastfutter, sowie die Überfischung der Weltmeere, sowie viele weitere Faktoren sprechen für eine Ernährung, die sich hauptsächlich oder gar komplett auf pflanzliche Kost stützt.

Über die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE)

Falls Sie es nicht wussten: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) ist übrigens ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Bonn. Seit der Gründung 1953 ist die DGE "unabhängig und der Wissenschaft verpflichtet. Es ist [ihr] Auftrag sich mit allen auf dem Gebiet der Ernährung auftretenden Fragen zu befassen, einschlägige Ergebnisse zu sammeln, auszuwerten und daraus unabhängig, transparent und auf Basis wissenschaftlicher Bewertung Empfehlungen abzuleiten. Die Finanzierung der DGE erfolgt durch Bundesmittel, Mitgliedsbeiträge und Eigeneinnahmen."

Mehr zum Thema gesunde Ernährung: Im neuen Phytochem Blog

Generell gilt: Ob vegan, vegetarisch oder Mischkost, eine gesunde Ernährung sollte ausgewogen und so bunt und vielfältig sein wie möglich. Denn wer gesund isst, ist glücklicher, hat mehr Energie und Lebensqualität.  In unserem neuen Phytochem-Blog behandeln wir fortan regelmäßig Gesundheitsthemen wie diese – ein Reinschauen lohnt sich also. Hier erfahren Sie z.B. welche Lebensmittel glücklich machen, wie uns Bitterstoffe beim Abnehmen helfen, welche Symptome für einen Eisenmangel oder gar Blutarmut sprechen oder wie sich ein gesunder Darm auf unser Wohlbefinden auswirkt und was Sie mit Probiotika & Co. für die Darmflora tun könnenWir wünschen viel Spaß beim Lesen!  

 

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